Neue Presse Hassberge, 4. Februar 2020

Eberns Energieversorgung von morgen

Die VG Ebern will ab 2021 mehr als 100 Prozent des benötigten Stroms aus erneuerbaren Energien gewinnen. Rund 65 Hektar neuer Solar-Anlagen sollen ein großer Schritt Richtung Energiewende sein.

Ebern – Auch das mehr als ungemütliche Wetter konnte die Stimmung von Eberns Bürgermeister am Montag nicht trüben. Denn nach der Wiedereröffnung des frisch erweiterten Norma-Marktes hatte Jürgen Hennemann (SPD) eine weitere freudige Neuigkeit. Die VG Ebern wird ab dem nächsten Jahr mehr als 100 Prozent ihres Strombedarfs aus erneuerbaren Energien gewinnen. Gemeinsam mit Bürgermeister Ralf Nowak und dem Geschäftsführer von SÜDWERK Manuel Zeller Bosse stellte er Photovoltaikanlagen vor und sprach über mögliche Energiekonzepte der Zukunft.

Neues Umspannwerk nahe der ehemaligen Kaserne

Schon jetzt erstrecken sich hunderte Photovoltaik-Platten auf einer Fläche von 20 Hektar über einen Hang nahe Fischbach. Gegenüber in der Ferne zu sehen: Altenstein und in Richtung Pfarrweisach gegenüber des Ortsteils Herbelsdorf weitere 18 Hektar Solarzellen. Bis 2021 sollen neben diesen noch zwei weitere Anlagen gebaut werden. 12 bis 15 Hektar auf der Gemarkung Lichtenstein und noch einmal 15 bei Heubach.

Mit diesen vier Anlagen sollen über ein ebenfalls geplantes neues Umspannwerk, nahe der ehemaligen Kaserne, auf insgesamt rund 65 Hektar Fläche, rund 65 Millionen kWh jährlich ins Stromnetz eingespeist werden. Rein rechnerisch ist das der Strombedarf für mehr als 16.000 Haushalte. Deutlich mehr, als die Stadt Ebern und die Gemeinden Rentweinsdorf und Pfarrweisach gemeinsam aufweisen.

Rund 70 Prozent der Gewerbesteuer an die Kommune

Betreiber der Anlagen, mit einem Investitionsvolumen von rund 36 Millionen Euro, ist die SÜDWERK Projektgesellschaft mit Sitz in Burgkunstadt. Geschäftsführer Manuel Zeller Bosse klärt auf, dass die Anlagen technisch auf einen Betrieb von 20 Jahren angelegt sind, „das wird aber länger laufen“. Wenn die Anlagen in rund 15 Jahren größtenteils abgeschrieben sind, werden rund 70 Prozent der Gewerbesteuer an die jeweilige Kommune gezahlt, in der die Anlage steht. 30 Prozent gehen dann an den Standort des Firmensitzes. Pro Hektar kann bei einem Jahresgewinn von rund 40.000 Euro also mit gut 4.000 Euro Gewerbesteuer gerechnet werden.

Für Jürgen Hennemann sind die künftigen Gewerbesteuern jedoch nur ein Teil des Gewinns. Als Vorsitzender der VG Ebern sollen die Anlagen auch langfristig ihren Teil zur Realisierung der Energiewende beitragen. Für ihn und seine Bürgermeisterkollegen ist es ein sehr guter Anfang, wenn mehr als der gesamte Stromverbrauch der Verwaltungsgemeinschaft von derzeit gut 57 Millionen kWh pro Jahr mit der Kraft der Sonne erzeugt wird. Langfristig will er die „Wertschöpfung“ noch weiter steigern.

100 Prozent des Stroms sind erst 20 Prozent der gesamten Energie

Das ist auch notwendig, pflichtete ihm Zeller Bosse bei. Ein Großteil der Energie für Wärme oder Antriebe kommt noch immer aus fossilen Brennstoffen oder anderen Energiequellen. „Wir brauchen regionale Energie. 100 Prozent des Stroms sind erst 20 Prozent der gesamten benötigten Energie“, führt der SÜDWERK-Geschäftsführer aus. „80 Prozent fehlen noch.“

Begehung Photovoltaikanlage Ebern-Fischbach

Ein Teil von Hennemanns Strategie ist dabei der Weg dahin, dass die Stromversorgung wieder in kommunale Hand kommt. Als Vorbildprojekte nannte Hennemann die Bürgerwindräder am Bretzenstein oder die Biomassewärmeanlage in der ehemaligen Kaserne. Letztere befindet sich zu 51 Prozent im Eigentum der Stadt. Die Anlage verarbeitet zur Energiegewinnung hauptsächlich Holzhackschnitzel aus den umliegenden Wäldern und beliefert Kunden im direkten Umfeld mit Wärme. Die Idee, Energie vor Ort zu erzeugen, kurzfristig zu speichern und ohne lange Wege auch vor Ort zu verbrauchen, ist der eigentliche Gedanke der Klima- und Energiewende.

Errichtung weiterer PV-Anlagen im Gemeindeverbund vorstellbar

Da Windkraft einfach zu streng reglementiert ist und Wasserkraft in der Region schlicht zu wenig hergibt, spielt Solarenergie für Hennemann die zentrale Rolle. Natürlich sollen auch Gebäudedächer weiterhin eine Rolle spielen. Doch die Fläche der Dächer reicht bei weitem nicht aus, den Pro-Kopf-Bedarf zu decken. Hennemann kann sich vorstellen im Gemeindeverbund Baunach-Allianz Projekte zur Errichtung weiterer PV-Anlagen in kommunaler Trägerschaft anzustoßen. Rechtlich sei es durchaus möglich, entsprechende Verträge mit Stromerzeugern und Grundeigentümern zu schließen. Derzeit fehlt allerdings zumindest in der Stadt Ebern das Geld.

Der Faktor Geld spielt jedoch noch an ganz anderen Stellen eine Rolle. So ist die Verpachtung von Freiflächen an die Betreiber von Solaranlagen inzwischen ein wichtiges zweites Standbein für landwirtschaftliche Betriebe geworden, führte Bürgermeister Ralf Nowak aus. Viele Bauern finanzieren ihre Unternehmen mit den Erlösen aus der Pacht „quer“ und leisten gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende. Zeller Bosse berichtete, dass in den vergangenen zwei Jahren immer häufiger auch Vollerwerbslandwirte ihre Flächen verpachten. Auch Grundbesitzer großer Waldflächen benötigen das Pachtgeld, um das von Trockenheit und Schädlingsbefall geschädigte Holz aus dem Wald zu räumen. Zeller Bosse ist sich sicher, dass man durch die Nutzung mit Photovoltaik die Existenz von Betrieben sichern kann. Gleichzeitig kann sichergestellt werden, dass die Flächen im Eigentum der Familien bleiben.

Direktvermarktung günstigen Stroms als Standortvorteil

Weitere Chancen sieht Zeller Bosse auch beim Anwerben von Industriebetrieben. Günstiger Strom ist für viele Unternehmen ein nicht zu unterschätzender Standortvorteil – den man mit Hilfe von Direktvermarktung des Stroms hier bieten kann. In Ebern kann man derzeit schon für unter 5 Cent pro kWh produzieren. Durch die direkte Abnahme von Industrieunternehmen kann man beim Strompreis zusätzlich 10 Cent sparen, was durchaus ein Argument für Unternehmen ist, sich in der Region anzusiedeln. „Günstige Energie ist auf jeden Fall ein Standortfaktor“, bekräftigte Zeller Bosse. Zudem kann man auch in Zukunft über die beteiligten Banken die Solaranlagen für Sparer auch als lukrative Möglichkeiten für Investitionen anbieten.

Trotz der Euphorie über die angestrebten Ideen räumten sowohl Eberns als auch Pfarrweisachs Bürgermeister ein, dass derzeit in ihren Kommunen keine Anfragen für weitere Photovoltaik-Anlagen mehr beantwortet werden. Die Stadt Ebern ist mit den derzeitigen Anlagen an die seit 2009 festgelegte Grenze für Solaranlagen auf Freiflächen gestoßen und in Pfarrweisach gibt es derzeit keine geeigneten, so Nowak.

Hennemann schloss das Gespräch jedoch mit einem Aufruf: „Wir brauchen den Ausbau von erneuerbaren Energien. Aber dafür müssen sich auch ein Stück weit die Rahmenbedingungen ändern.“ Abstandsregelungen bei Windrädern oder auch die biologischen Untersuchungen von Ackerböden müssen gezielt gelockert werden, damit der Energieverbrauch vor Ort gedeckt werden kann. Vielleicht kann man dann in der Stadt Ebern noch einmal darüber nachdenken, ob man nicht doch mehr Flächen zur Erzeugung von Solarstrom hernehmen möchte.

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